Interview Eder

>>> Hallo und herzlich willkommen auf Koenigstigers-Urzeitkrebse.de. Hier erfahrt ihr alles Wissenswerte über die Zucht und Pflege von Urzeitkrebsen wie Triops Cancriformis - Triops Longicaudatus - Triops Australiensis - Lepidurus Apus - Artemia Franciscana - Artemia Parthenogenetica - Artemia spec. Sibiria - Artemia cf. Salina - Artemia Salina - Branchipus Schaefferii - Daphnia Magna - Daphnia Pulex und vielen anderen <<<
 

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Jeder, der sich intensiv mit Urzeitkrebsen beschäftigt, stolpert früher oder später über seinen Namen... Dr. Erich Eder. Er ist schon seit vielen Jahren auf diesem Gebiet tätig und wohl einer der erfahrensten Experten überhaupt, was Urzeitkrebse angeht. Er setzt sich neben seiner wissenschaftlichen Arbeit sehr stark für Erhaltung der letzten in Europa heimischen Urzeitkrebse ein. Hier auf dieser Seite findet ihr ein Interview, welches ich mit Ihm geführt habe, um auf ihn  und seine Arbeit aufmerksam zu machen.

Was hat Sie vor 13 Jahren auf das Thema Urzeitkrebse gebracht?

Angefangen hat alles mit einem Irrtum, und zwar nicht vor 13 Jahren, sondern schon vor 20 Jahren, 1987. Ich war damals Student im 6. Semester und habe mich im Hörsaal geirrt. Herein kam nicht der Professor, den ich erwartet hatte, sondern ein junger, mir völlig unbekannter Assistent. – Ich wollte schon aufstehen und gehen, da sagte er (in seiner typischen, mitreißenden Art) die für mich entscheidenden Worte: „Wir werden ganz viel ins Freiland gehen!“ - Da bin ich geblieben.
Denn genau das war es, was mir im bisherigen Studium gefehlt hatte: Der intensive Kontakt zur Natur.
Dieser charismatische Vortragende, mit dem ich mich rasch anfreundete, war Walter Hödl, und durch ihn lernte ich die March-Auen, eines der bedeutendsten Vorkommen von Urzeitkrebsen in Österreich, ja in ganz Mitteleuropa, kennen und lieben. Aber zu den Urzeitkrebsen als wissenschaftlichem Steckenpferd kam ich erst später. Nach Abschluss des Studiums - ich habe in meiner Diplomarbeit das Liebesleben der Tausendfüßler erforscht, auch ein sehr interessantes Thema - habe ich gearbeitet und war in der Firma sehr unzufrieden. Bei einem Bier schlug mir Walter vor, eine Dissertation über Urzeitkrebse zu beginnen. Am nächsten Tag habe ich meinen Job gekündigt. Die wichtigsten Entscheidungen fallen halt oft aus dem Bauch, und es sind oft - nein, immer - die Beziehungen mit Menschen, die das Leben entscheidend prägen.


Was fasziniert Sie besonders an diesen Tieren ?

Der Biologe Richard Goldschmidt hat 1927 ein Buch mit dem Titel "Ascaris. Eine Einführung in die Wissenschaft vom Leben" geschrieben. Anhand eines unscheinbaren, ekelhaften Parasiten, des Spulwurmes Ascaris, rollt er sozusagen die gesamte Biologie und ihre Gesetze auf. Das kann man mit jedem Organismus; es ist daher genau genommen jede Tierart gleich interessant !
Aber die Urzeitkrebse haben schon einige Eigenschaften, die eine ganz besondere Faszination ausüben: Das stammesgeschichtlich hohe Alter, der urtümliche Körperbau, aber gleichzeitig die extreme Ökologie, das macht diese Tiergruppe schon besonders spannend.


Wie groß ist Ihre hauseigene Zucht und wie viele Tiere haben Sie schon aufgezogen?

Angefangen hat es mit einem einzigen Becken. Da ich von Wissenschaftler-Kollegen immer wieder Anfragen nach Triops-Eiern bekam, habe ich permanent nachgezüchtet. Irgendwann war es mir zu viel Arbeit, um die Eier einfach gratis abzugeben, das war die Geburtsstunde von Triops.cc. Heute habe ich einen eigenen Arbeitsraum für die Zucht - keine Ahnung, wie viel tausend Tiere da schon geschwommen sind. In meinem Wohnzimmer, wie ich das kürzlich in einem Forum gelesen habe, befindet sich allerdings kein einziges Triops-Aquarium, dort steht mein Klavier und dort hängen meine Bilder - ich brauche als Naturwissenschaftler auch ein wenig künstlerischen Ausgleich.


Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis bei der Triopszucht?

Da gibt es keines, die Viecher sind bekanntlich sehr robust, sonst würde es sie nach über 200 Millionen Jahren wohl nicht mehr geben.


Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrer wissenschaftlichen Arbeit ?

Zum einen reine Grundlagenforschung, einfach aus purem Interesse. Zum anderen angewandte ökologisch-naturschutzfachliche Fragestellungen, die sich für konkrete Schutzmaßnahmen verwenden lassen. Ich möchte nämlich, dass meine Forschung letztendlich auch den Tieren zugute kommt, denen ich die Ergebnisse verdanke.
Der erste Schritt überhaupt war die Erhebung ihrer Vorkommen, Basis für die Rote Liste Gefährdeter Tierarten. Alle 16 in Österreich vorkommenden Urzeitkrebs-Arten sind gefährdet, die Hälfte sogar vom Aussterben bedroht. Trotzdem will das österreichische Ministerium keine Rote Liste dieser seltenen Tiere drucken lassen - Protest dagegen kann man auf der Petition www.urzeitkrebse.org deponieren - ich bitte um zahlreiche Unterschriften!


Was meinen Sie ist die Ursache für das Aussterben dieser Tiere ?

Vor allem die direkte Zerstörung der Lebensräume, oft in der Landwirtschaft. Das Problem ist, dass temporäre Gewässer, also unscheinbare Pfützen und Lacken, die nur wenige Wochen Wasser führen - und das nicht jedes Jahr - oft nicht einmal von professionellen Naturschützern als wertvoll erkannt werden. Wie soll man es da einem Bauern übel nehmen, dass er feuchte Stellen in seinem Feld zuschüttet, weil sie lästig sind...? Hier kann man mit etwas Aufklärung viel erreichen, weil sehr viele Bauern durchaus naturverbunden sind und ja kein spezielles Interesse haben, seltene Tiere auszurotten.
Ein weiteres Problem ist der Hochwasserschutz: Statt dem Wasser ausreichend Raum in natürlichen Retentionsgebieten zu geben, werden Flüsse immer mehr durch Dämme eingeengt. Das hat zur Folge, dass es einerseits flussabwärts zu echten Überschwemmungskatastrophen kommt, weil das Wasser zu schnell abfließt (aber das ist den Lokalpolitikern ja egal, das betrifft meist andere Länder, die weit weg sind, wie Bulgarien oder Rumänien...). Gleichzeitig verschwinden jene Vertreter der heimische Fauna, die speziell an Überschwemmungsereignisse angepasst sind: Das sind nicht nur Urzeitkrebse, sondern auch seltene Amphibien, Wat- und Wasservögel !


Warum ist Ihnen die Erhaltung der Urzeitkrebse so wichtig ?

Einerseits aus demselben Grund wie die Erhaltung anderer Naturwerte - nämlich vor allem aus ästhetischen Gründen. Wir könnten sicherlich ohne Laubfrösche, Schwarzstörche oder Urzeitkrebse problemlos überleben. Aber wir könnten auch ohne Mozart oder Goethe überleben. Es ist eine Frage unseres Menschseins, ob wir in der Lage sind, unsere Kultur- und Naturschätze entsprechend zu schätzen und zu bewahren.
Andererseits sind Urzeitkrebse Zeiger- und Schirmarten. Wo man sie findet, sind sie ein Hinweis für ganz bestimmte ökologische Faktoren, und wenn man sie schützt, wird eine ganze Palette anderer seltener Arten gleich mitgeschützt...


Mit welchen Projekten setzen Sie sich für diese Tiere ein?

Der erste und vielleicht wichtigste Schritt war die Öffentlichkeitsarbeit. Wenn man bedenkt, wie viele "Triops-Freaks" es heute schon gibt, dann ist diese, denke ich, gründlich gelungen. Dann habe ich Gebiete für Urzeitkrebse unter Schutz stellen lassen, das größte davon ist der "Blumengang", eine gelegentlich wasserführende Senke von mehr als 7 Hektar, die 1996 zum Naturdenkmal erklärt wurde. Besonders freut es mich, dass ich auch andere Menschen bewegt habe, solche Anträge zu stellen. So wurde 2006 die "Urzeitkrebs-Wiese" in Gramatneusiedl (Niederösterreich) unter Schutz gestellt, ganz ohne mein Zutun !


Welche Projekte werden Sie in Zukunft in Angriff nehmen ?

Schon vor 10 Jahren habe ich einen Antrag auf Unterschutzstellung der berühmten "Triops-Senke" an der March gestellt, bisher aber ohne Erfolg. Nun kommt eine wesentlich größere Lösung in Reichweite. Naturschutzbund und Distelverein (ich bin bei beiden Vereinen im Vorstand aktiv) streben eine großflächige naturnahe Bewirtschaftung für das 4 Quadratkilometer große Gebiet der "Langen Luss" an. Die Triops-Senke ist nur ein kleiner Teil davon, das wäre natürlich fantastisch ! Derartige Maßnahmen funktionieren aber nur im Einvernehmen mit den Landbesitzern und Landnutzern.
Ein interessantes wissenschaftliches Projekt, das ich derzeit durchführe, ist die Untersuchung, ob ein biologisches Gift, das häufig zur Stechmückenbekämpfung eingesetzt wird (BTI), für Urzeitkrebse schädlich ist. Bisher wurde das an den besonders seltenen Urzeitkrebs-Arten nicht getestet.


Was wünschen Sie sich im Bezug auf den Umgang mit den Urzeitkrebsen?

Ich wünsche mir, dass möglichst vielen Menschen durch das Kennenlernen dieser sonderbaren Tiere im Aquarium ein Verständnis für ihren Schutz in der Natur erwächst. Wenn das gelingt, dann habe ich mehr erreicht als ich mir jemals vorgestellt habe.

Links:

Zur Person : http://homepage.univie.ac.at/erich.eder/
Zu UZK : http://www.urzeitkrebse.at 
Zu Triops : http://www.triops.cc

 

 

 

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Stand: 17. November 2009
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